Update: Vorsicht bei Gewährung von Sicherheiten für Gesellschaftsschulden!

In Ergänzung zu meinem Beitrag vom 30. Juni weise ich auf das (nicht rechtskräftige) Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 7.4.2011 (Az.: I-27 U 94/10) hin, das in besonders eindringlicher Weise aufzeigt, welche exorbitanten Haftungsrisiken GmbH-Gesellschafter wirklich eingehen, wenn sie persönlich Bürgschaften für Schulden der Gesellschaft übernehmen oder andere Sicherheiten bestellen.

Ich hatte bereits darauf hingewiesen, daß die Gewährung solcher Sicherheiten zur Folge hat, daß der Gläubiger die Gesellschafter bei Insolvenz der GmbH gemäß § 44a InsO vorrangig in Anspruch nehmen muß und daß die daraus resultierenden Regreßansprüche der Gesellschafter gegen die GmbH im Insolvenzverfahren nur nachrangig befriedigt werden. Im praktischen Ergebnis bedeutet dies, daß ein GmbH-Gesellschafter im Falle der Insolvenz seiner GmbH den Betrag übernommener Bürgschaften in voller Höhe nachschießen muß!

Das gilt sogar dann, wenn neben dem Gesellschafter auch die GmbH selbst dem Gläubiger werthaltige Sicherheiten gewährt hat, also auch bei Doppelbesicherung! In dem vom Oberlandesgericht Hamm entschiedenen Fall hatte die GmbH ihrer Bank zur Sicherung von Ansprüchen aus Darlehensverträgen ihre Forderungen gegen Kunden und gegen ihren Kreditversicherer abgetreten. Nur zusätzlich hatte der Gesellschafter drei Bürgschaften im Gesamtbetrag von 548.000,- € übernommen.

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH hatte der Insolvenzverwalter die zur Sicherheit abgetretenen Forderungen eingezogen und der Bank aus dem Erlös einen Betrag von über 453.000,- € überwiesen. Das Oberlandesgericht Hamm verurteilte den Gesellschafter, der GmbH davon einen Teil in Höhe von knapp 344.000,- € zu erstatten.

Von wenigen Ausnahmen abgesehen, haften Gesellschafter, die sich für Verbindlichkeiten ihrer GmbH verbürgen, im Insolvenzfall primär. Ihre Haftung ist also nicht auf den etwaigen Restbetrag beschränkt, der nach Verwertung der von der GmbH selbst bestellten Sicherheiten verbleibt. Seit Inkrafttreten des MoMiG können die Gesellschafter diese Folge nicht einmal mehr dadurch verhindern, daß sie in der Unternehmenskrise sofort einen Insolvenzantrag stellen lassen.

Gesellschafter sollten die Übernahme von Bürgschaften oder die Bestellung von anderen Sicherheiten für Verbindlichkeiten ihrer GmbH deshalb auch dann unter keinen Umständen als „reine Formsache“ abtun, wenn auch die Gesellschaft selbst dem Gläubiger werthaltige Sicherheiten gewährt. Gesellschafter dürfen sich insbesondere von Banken nicht mit dem Argument beschwichtigen lassen, daß sie als Gesellschafter aus der Bürgschaft ja nur hafteten, wenn und soweit die von der Gesellschaft selbst bestellten Sicherheiten im Insolvenzfall nicht ausreichten. Das Gegenteil ist richtig: Erst haften sie, dann die Gesellschaft!

Hieran sollten Gesellschafter schon bei der Gründung einer GmbH denken.

[Montag, 4. Juli 2011]