Haftungsrisiken für GmbH-Geschäftsführer in der Unternehmenskrise

Für GmbH-Geschäftsführer bestanden in der Krise der Gesellschaft schon immer erhebliche straf- und zivilrechtliche Haftungsrisiken. Wird die Insolvenzantragspflicht verletzt, droht nicht nur eine Geld- oder Freiheitsstrafe wegen Insolvenzverschleppung (§ 15a InsO). Nach § 64 S. 1 GmbHG sind die Geschäftsführer der Gesellschaft auch persönlich zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die die Gesellschaft nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung noch geleistet hat. Besonders tückisch ist, daß es von der Rechtsprechung als eine die Haftung des Geschäftsführers nach § 64 S. 1 GmbHG auslösende Zahlung der GmbH an ihre Bank angesehen wird, wenn Kunden der Gesellschaft Geldbeträge auf ein im Soll befindliches Konto der GmbH überweisen! Denn auf diese Weise werden Forderungen der Bank gegen die GmbH getilgt.

Wer als Geschäftsführer für die GmbH Verbindlichkeiten eingeht, obwohl er weiß, daß die Gesellschaft zahlungsunfähig ist, macht sich persönlich des Betrugs (§ 263 StGB) schuldig. Wegen Bankrotts (§ 283 StGB), Verletzung der Buchführungspflicht (§ 283b StGB) sowie Gläubiger- und Schuldnerbegünstigung (§§ 283c und 283d StGB) kann sich ein GmbH-Geschäftsführer in der Krise der Gesellschaft auch leicht strafbar machen.

Das Gesetz zur Modernisierung und Bekämpfung von Missbräuchen im GmbH-Recht (MoMiG) hat das Leben für GmbH-Geschäftsführer nicht leichter gemacht, insbesondere nicht für Fremdgeschäftsführer, also solche, die nicht zugleich auch Gesellschafter sind. Ein Beispiel: Seit Inkrafttreten dieses Gesetzes sind alle Gesellschafterdarlehen im Insolvenzverfahren nur nachrangig zu befriedigen. Sie sind dann also in aller Regel wertlos. (Das galt früher – jedenfalls kraft Gesetzes – nur für kapitalersetzende Darlehen, also solche, die in der Krise der Gesellschaft gewährt oder stehengelassen wurden (§ 32a GmbHG a.F.)). Die Nachrangigkeit gilt aber nur für den Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Vorher ist es im Grundsatz also nicht verboten, wenn die Gesellschaft Gesellschafterdarlehen vor ihren anderen Verbindlichkeiten zurückzahlt. Verboten ist es nach § 64 S. 3 GmbHG nur dann, wenn die Zahlung zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen muß. Die Gesellschafter können vom Geschäftsführer deshalb sogar verlangen, daß er für die Rückzahlung der Gesellschafterdarlehen sorgt, mag das auch die Liquidität der Gesellschaft erheblich belasten. Das allein ist für den Geschäftsführer selbstverständlich kein besonderes Problem; auch sonst ist er den Weisungen der Gesellschafter unterworfen. Ein besonderes Problem ergibt sich für ihn nur daraus, daß das Gesetz den Gesellschaftern einen Anreiz gibt, ihn anschließend auch noch zur strafbaren Insolvenzverschleppung zu drängen: Wird innerhalb eines Jahres nach Rückzahlung der Gesellschafterdarlehen ein Insolvenzantrag gestellt und daraufhin ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet, kann der Insolvenzverwalter die Darlehensrückzahlungen an die Gesellschafter nach § 135 InsO anfechten. Vergeht bis zur Insolvenzantragstellung hingegen mehr als ein Jahr, ist die Anfechtungsfrist abgelaufen, so daß die Gesellschafter das Geld behalten können.

[Samstag, 25. Juni 2011]